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Raub und Reparationen: Wie Deutschland seine Schulden loswurde

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Wer schuldet wem was?



Mehr als 300 Milliarden Euro Staatsschulden hatte Griechenland 2015. Einer der größten Geldgeber ist Deutschland mit rund 80 Milliarden.

Aber hat auch Deutschland Schulden bei den Griechen – aus dem Zweiten Weltkrieg? Ja, sagen die Griechen, denn Deutschland habe Griechenland damals einen Zwangskredit von rund 480 Millionen Reichsmark für Besatzungskosten abgepresst und nie zurückgezahlt.

Heute wären das mit Zins und Zinseszins Schulden von mehr als zehn Milliarden Euro, so die Griechen. Für die Bundesregierung ist das kein Thema. Zu recht?
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Dieter Deiseroth, Jurist und Völkerrechtler

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Manolis Glezos ist für die Griechen ein Nationalheld: 1943 holte er die Hakenkreuzfahne von der Akropolis. Die Deutschen warfen den Patrioten ins Gefängnis.

Sein Land beuteten sie gnadenlos aus: Mehr als 100.000 Kinder, Frauen und Männer verhungerten allein im Winter 1941/42 – eine direkte Folge der wirtschaftlichen Ausplünderung. Beim Abzug hinterließen die Besatzer ein völlig zerstörtes Griechenland.
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Manolis Glezos, geb. 1922

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Welche Kriegsschulden hat Deutschland zurückgezahlt?

Nahrungsmittel, Rohstoffe, Kunstschätze, Gold – wie viel die Deutschen während des Zweiten Weltkrieges insgesamt erbeutet haben, kann keiner genau berechnen.

Das Londoner Schuldenabkommen 1953 stundete der Bundesrepublik die Reparationsschulden bis zum Abschluss eines Friedensvertrages. Aber da dieser nie zustande kam, musste Deutschland nichts mehr zurückzahlen. Auch deshalb ist Deutschland wohlhabend.
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Albrecht Ritschl, Wirtschaftshistoriker

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Constantin Goschler, Historiker

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"Wiedergutmachung“ wider Willen

Sechs Millionen Juden wurden im Holocaust ermordet. Rund eine halbe Million Überlebende fanden nach dem Krieg in Israel eine neue Heimat – die meisten völlig mittellos. Der junge Staat Israel brauchte Hilfe.

Mit dem Luxemburger Abkommen 1952 verpflichtete sich die Bundesregierung 3,5 Milliarden D-Mark Aufbauhilfe zu zahlen. Die Mehrheit der Deutschen lehnte diese Wiedergutmachung ab, sah sich vor allem selbst als Opfer. In beiden Ländern gab es Protest. Ein Abkommen mit dem Volk der Täter – für viele Überlebende in Israel undenkbar.
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Raul Teitelbaum (geb. 1931) demonstrierte gegen das Abkommen. Seine Familie wurde von den Nazis aus Prizren, heute Kosovo, ins KZ Bergen-Belsen verschleppt. Sein Vater hat das KZ nicht überlebt.
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Raul Teitelbaum, geb. 1931

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Benjamin Ferencz war als junger Soldat bei der Befreiung von Konzentrationslagern dabei. Nach dem Krieg setzte sich der junge Anwalt dafür ein, dass jüdisches Vermögen zurückgegeben wird – allein in Deutschland wurden Werte von rund 12 Mrd. Reichsmark geraubt.

Doch er traf dabei auf keinen Deutschen, der sich einer Schuld bewusst gewesen wäre.
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Benjamin Ferencz, geb. 1920

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Im Bundesamt für offene Vermögensfragen in Berlin lagern Millionen von Entschädigungsakten. Sie geben nicht nur Zeugnis von dem großen Raub, sondern sie zeigen auch den Versuch, die Opfer individuell zu entschädigen. Das hatte es in der Geschichte nie zuvor gegeben.  Eine Erfolgsgeschichte ist die deutsche Wiedergutmachung trotzdem nicht.
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Jost Rebentisch, Bundesverband für Information und Beratung für NS-Verfolgte

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Wiedergutmachung im Praxistest

72 Milliarden Euro hat Deutschland bis 2014 für Wiedergutmachungsleistungen von NS-Unrecht gezahlt. Laut Gesetz hatten viele NS-Opfer zwar Anspruch darauf, in der Praxis mussten viele aber hart um ihre Entschädigung kämpften. Oft jahrelang – auch vor Gericht.
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Das Holocaust-Mahnmal in Berlin sei nicht sein Denkmal, sagt Horst Selbiger (geb. 1928). Das hätten die Deutschen für sich gebaut. Er hatte einen jüdischen Vater und eine nichtjüdische Mutter. Das rettete ihn nur knapp vor der Deportation.

Der Nazi-Terror beraubte Horst Selbiger seiner Kindheit. Unter den psychischen Folgen leidet er bis heute. 2001 hat er einen Selbsthilfeverein für überlebende Kinder der Shoah mitgegründet. Diese Kinder sollen jetzt eine kleine finanzielle Unterstützung bekommen – wenn sie die strengen Kriterien des Finanzministeriums erfüllen. Horst Selbiger erfüllt sie nicht, wie viele andere.
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Horst Selbiger, geb. 1928

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Im alten Keller der neuen EZB ist heute eine Gedenkstätte. Von hier wurden die Frankfurter Juden deportiert. Die Historikerin Suanne Urban hat zur Praxis der Wiedergutmachung geforscht. Das Hauptproblem: Die Verfolgten mussten ihre Verfolgung nachweisen.
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Dr. Susanne Urban, Historikerin

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13,5 Millionen Zwangsarbeiter schufteten während des Krieges auf deutschem Boden und hielten die Kriegswirtschaft am Laufen. Die meisten kamen aus Osteuropa. Lange waren sie von Entschädigungen ausgeschlossen.

Erst 2000 mit der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gab es Hoffnung – mehr als 50 Jahre nach dem Krieg. Am Ende aber waren es insgesamt nur etwa zwei Millionen ehemalige Zwangsarbeiter, die überhaupt ein bisschen Geld bekamen: eine symbolische Anerkennung – mehr nicht.
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Nicht weit von Tschenstochau in Polen. An diesem Ort stand einmal ein kleiner Bauernhof. Dann kamen die Deutschen. 1943 endete die glückliche Kindheit von Józef Sowa. Da war er gerade einmal zehn Jahre alt.

Die Eltern wurden brutal misshandelt und ermordet, die Kinder zur Zwangsarbeit verschleppt. Bis Kriegsende musste Józef Sowa auf einem deutschen Gutshof arbeiten. Die symbolische Anerkennung für ihn: 2000 Mark. Nicht mehr als ein Almosen, sagt er.
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Józef Sowa, geb. 1933

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Drei Millionen Korrespondenz-Akten liegen beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen. NS-Opfer schrieben hierher, hofften auf einen Nachweis für das erfahrene Leid. Die westlichen Alliierten hatten 1945 alle Akten, die sie zu KZs und Zwangsarbeit fanden, hierhergebracht.

Wichtige Dokumente für die Opfer. Doch die warteten oft Jahre auf eine Auskunft. Der Grund: Personalmangel! Aber es fehlte auch an Empathie bei den Mitarbeitern des Suchdienstes, so lautet das Fazit von Historikern, die die Arbeit der Behörde untersucht haben.
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Dr. Henning Borggräfe, Historiker

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Sehnsucht nach dem Schlussstrich

Viele Opfer des NS-Terrors leben noch heute in Armut. Weltweit gibt es noch 500.000 Überlebende des Holocaust. Etwa 175.000 sind es in Israel. Die Opfer des Nazi-Terrors haben Furchtbares erlebt. Jetzt im hohen Alter kommen bei vielen lange verdrängte Erinnerungen zurück.
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Dr. Martin Auerbach, Psychologe

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Bei der Selbsthilfeorganisation Amcha in Jerusalem finden Überlebende psychosoziale Hilfe. Amcha bedeutet soviel wie "einer von uns“ – ein Codename aus der Zeit der Verfolgung.

Die Menschen kommen hierher zum Gespräch, zum Malen, Karten Spielen oder zur Gymnastik. Einige von ihnen, wie Pnina Katsir, jeden Tag. Viele haben hier zum ersten Mal über die Zeit der Verfolgung sprechen können.
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Pnina Katsir, geb. 1930

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Deutschland hat längst genug bezahlt, meinen viele Deutsche. Für die Bundesregierung ist die Entschädigung "ein weitgehend abgeschlossenes Kapitel.“ Doch nicht nur moralisch, auch finanziell steht Deutschland weiter in der Pflicht.
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