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Gladbeck '88 – Eine Republik hält den Atem an

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Das Gladbecker Geiseldrama

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Das Gladbecker Geiseldrama zählt bis heute zu den dramatischsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nachdem die Kriminellen Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski um kurz vor 8 Uhr morgens die Deutsche-Bank-Filiale im nordrhein-westfälischen Gladbeck überfallen haben, eskaliert die Situation.
Mit einem Fluchtwagen und zwei Geiseln ziehen sie weiter nach Bremen und kapern einen Bus mit 35 Insassen. Zwei von ihnen nehmen sie mit nach Köln, wo sie mitten in der Kölner Innenstadt einen Tumult auslösen. 54 Stunden lang halten die Bankräuber und Geiselnehmer mit dieser nie dagewesenen blutigen Irrfahrt die Republik in Atem. Millionen Zuschauer sind live dabei. Kein anderes Verbrechen steht so sehr für mediale Grenzüberschreitung und polizeiliches Versagen.

Was geschah in diesen drei Tagen 1988?
Wer war verantwortlich?
Wie geht es den Opfern heute?
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Banküberfall Gladbeck

Am Morgen des 16.08.1988 überfielen Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski eine Filiale der Deutschen Bank in ihrer Heimatstadt Gladbeck. Sie nahmen zwei Geiseln und forderten von der Polizei 300.000 DM. Nach langen Verhandlungen bekamen sie das Geld und auch das geforderte Fluchtauto. Sie wechselten dieses jedoch noch mehrmals und verließen Gladbeck am selben Abend mit ihren zwei Geiseln und Rösners zugestiegener Freundin Marion Löblich.
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Reporter Klaus Deuse berichtet bei Radio Bremen Eins vom ersten Tag der Geiselnahme.

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Wohnort: Gladbeck
Alter: Zum Tatzeitpunkt 32 Jahre alt
Bildung: Sonderschule
Kriminelle Vorgeschichte: Klaute bereits als Kind, später überfiel er mit seinem Freund Hans-Jürgen Rösner  Gaststätten und Geschäfte.
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Wohnort: Gladbeck
Alter: Zum Tatzeitpunkt 31 Jahre alt
Bildung: Sonderschule
Kriminelle Vorgeschichte: Mit 14 der erste Jugendarrest, seine Vorstrafen wuchsen weiter im Teenageralter, wegen wiederholten Diebstahls und schwerer Körperverletzung. Als er mit seinem Freund aus der Sonderschule, Dieter Degowski, die Deutsche Bank in Gladbeck überfiel, hatte er bereits elf Jahre im Gefängnis gesessen, war flüchtig, nachdem er aus einem Hafturlaub nicht zurückgekehrt war.
Seine Freundin Marion Löblich begleitete die beiden nach dem Banküberfall.
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Fotograf Peter Meyer war bei der Geiselnahme in Bremen vor Ort und erinnert sich an die Täter.

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Busgeiselnahme Bremen

Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski fahren nach Bremen, da ihre Komplizin Marion Löblich dort Verwandtschaft hat. Sie laufen mit ihren zwei Geiseln durch Bremen, kapern dann im Ortsteil Huckelriede einen Bus der Linie 53 und nehmen knapp 30 Geiseln.

Nachts lassen sie an der Raststätte Grundbergsee, zwischen Bremen und Hamburg, die zwei Gladbecker Geiseln frei. Eine Bremer Geisel wird die Nacht nicht überleben.
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Tagesschau-Bericht vom 17.08.1988 zur Busgeiselnahme in Bremen

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Silke Bischoff ist gerade mal 18 Jahre alt, als sie im Bus der Linie 53 Platz nimmt. Sie lebt im Bremer Vorort Kattenesch bei ihren Großeltern und macht im Bremer Amtsgericht eine Ausbildung zur Staatsanwaltsgehilfin. In Zimmer 245, Abteilung Zivilsachen, fertigt sie Protokolle an und sortiert Akten.

Am Abend des 17. August ist sie auf dem Weg nach Hause. Sie bummelt noch durch das Bremer Ostertor-Viertel und wartet auf ihre Freundin Ines Voitle, die sie seit ihrer Kindheit kennt und die gleich nebenan wohnt. Zusammen wollen sie abends einen Horrorfilm auf VHS ansehen.
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Die De Giorgis kamen von Apulien nach Bremen, da Vater Aldo hier durch seinen Schwager Arbeit bekam. Zum Zeitpunkt der Geiselnahme ist Emanuele 14 Jahre alt. Als Erstgeborener der De Giorgis muss er auch auf seine jüngeren Geschwister Tatiana und Fabio aufpassen. Er trägt die Verantwortung, wenn seine Eltern nicht da sind.

Am 17.08.1988 ist er auf dem Heimweg von der Schule, als er zufällig seine Schwester Tatiana sieht und zu ihr in den Bus steigt. Tatiana ist erst neun Jahre alt und auf dem Rückweg von ihrem Nachmittagsunterricht. Sie soll die italienische Sprache nicht verlernen.
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Johnny Bastiampillai ist sieben Jahre alt, als er mit seiner Mutter und seiner Cousine in den Bus der Linie 53 einsteigt.
Fatal: Nur aufgrund des Ausfalls der Straßenbahn, die sie eigentlich nehmen wollten, sieht sich die Familie gezwungen, auf den Bus auszuweichen. Dass seine Mutter lieber die Linie 53 anstatt die 51 nehmen wollte, hat sie sich bis heute nicht verziehen.
Die Familie Bastiampillai hat zu dem Zeitpunkt bereits viel mitgemacht: Sie waren Bürgerkriegsflüchtlinge aus Sri Lanka und waren noch nicht lange in Bremen bei Onkel und Tante untergekommen.
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Tatiana De Giorgi schildert ihre traumatischen Erlebnisse.

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"Das sind Bilder, die Du nicht vergisst. Das hast Du ja am eigenen Leib erlebt. Das ist schwer zu vergessen."

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Die Mutter von Silke Bischoff rechnet mit den Medien ab.

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Peter Meyer berichtet vom Schuss auf Emanuele De Giorgi.

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Peter Meyer ist Fotojournalist und während der Geiselnahme in Bremen vor Ort. Er wird zu einer Schlüsselfigur der Geschehnisse in Huckelriede. Er vermittelt zwischen den Geiselnehmern und der Polizei. Eine Rolle, die er selbst heute kritisch betrachtet.
Auch später an der Autobahnraststätte Grundbergsee ist er dabei. Die Lage spitzte sich zu, als Rösners Freundin und Komplizin Marion Löblich kurzzeitig von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde.

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Aldo und Giuseppina De Giorgi über ihren Sohn Emanuele

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Aldo und Guiseppina De Giorgi mussten miterleben, wie ihre Kinder Emanuele und Tatiana Opfer der Geiselnahme wurden und Degowski den 14-jährigen Emanuele erschoss, um seine Komplizin freizupressen. Kurz nach dem Drama ging die Familie zurück nach Italien. Vor allem die Mutter konnte das Leben in Bremen nicht mehr ertragen. Zu viel erinnerte sie an ihren Sohn. 

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Köln und Zugriff auf A3

Tag 3: In den Niederlanden lassen Rösner und Degowski den Großteil der Geiseln frei und flüchten mit Silke Bischoff und Ines Voitle weiter nach Köln, wo sie mitten in der Innenstadt Interviews geben. Auf der A3 Richtung Frankfurt am Main kommt es schließlich zum Zugriff durch die Polizei.
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Nach der Rückkehr von Marion Löblich fahren die Geiselnehmer mit dem vollbesetzten Bus weiter in die Niederlande. Die niederländische Polizei sichert das Gebiet um den Bus ab und weigert sich, mit den Geiselnehmern zu verhandeln, während noch Kinder im Bus sind. Ein Durchgreifen, das die deutsche Polizei bis dahin während der gesamten Geiselnahme nicht geleistet hat.
Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski lassen daraufhin drei Kinder und zwei Frauen frei. Dafür erhalten sie ein neues Fluchtauto. Den Bus mit dem Großteil der Geiseln lassen sie zurück. Nur Silke Bischoff und Ines Voitle nehmen sie in ihrem neuen Fluchtwagen, ausgestattet mit Peilsendern und Mikrofonen, mit zurück nach Deutschland.
Ihr Ziel: Köln.
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Der stellvertretende Einsatzleiter Winrich Granitzka über die Situation in Köln.

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"Die hatten ihre Pistolen ständig in der Hand, es gibt auch Bilder wo Silke da steht mit Pistole am Hals und ein anderer Fotojournalist sagte dann: 'Halt ihr noch mal die Knarre an den Kopf, ich hab das Bild noch nicht'."

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Auf der Autobahn A3 nahe Bonn nimmt die Geiselnahme am 18.08.1988 gegen Mittag ihr blutiges Ende. Die Polizei beendet die Verfolgungsjagd mit Waffengewalt und feuert 62 Schüsse ab. Ein Schuss von Hans-Jürgen Rösner ist tödlich: Er trifft Silke Bischoff, die auf der Stelle stirbt. Ob Rösner gezielt auf die Geisel geschossen hat oder aus Versehen, ist bis heute ungeklärt. Die zweite Geisel, Ines Voitle, bleibt weitgehend unverletzt.

Bei dem Geiseldrama sterben drei Menschen: Emanuele De Giorgi, Silke Bischoff und ein Polizist, der während der Verfolgungsjagd tödlich verunglückt.
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30 Jahre danach

Johnny Bastiampillai über die Folgen der Geiselnahme

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"Wie soll man damit umgehen, man hat gesehen, wie ein Mensch gestorben ist? Das frisst einen auf, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt."

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Tagesschau-Bericht von der Urteilsverkündung am 22.03.1991

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Hans-Jürgen Rösner saß von 2004 bis 2012 in der JVA Bochum. Seit seiner Verlegung im Jahr 2012 sitzt er in der JVA Rheinbach ein. Dieter Degowski hat seine Mindesthaftstrafe abgesessen. Im Februar 2018 wurde Degowski freigelassen. Er hat jetzt eine neue Identität. Komplizin Marion Löblich wurde bereits nach sechs Jahren Haft entlassen. Auch sie hat eine neue Identität.

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Der stellvertretende Einsatzleiter aus Köln, Winrich Granitzka, zieht sein Fazit aus der Geiselnahme.

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Fazit von Fotograf Peter Meyer

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